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by Reinhold Bidner |
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Subtext |
Aufgrund der
Tatsache, dass viele meiner Projekte als Medienkünstler sehr stark
an die Möglichkeiten der Technik, deren Grenzen und an eine rational-ökonomische
Arbeitseffizienz gebunden sind, versuche ich mir manchmal (im wahrsten Sinne
des Wortes) „vor Augen zu führen“, dass es abseits all
der technischen Möglichkeiten, mit denen man in einem „globalen
Dorf aufwächst“, einen grossen Wert hat, sich den Blick für
die Geschichten des Alltags und für den Nicht-Zeitgeist zu bewahren.
Gerade in diese Kerbe schlägt auch meine Faszination für Photographie,
und eben meine diesbezüglichen Versuche, meine persönlichen „Alltags“-Beobachtungen
in kleine und subtile Geschichten zu packen, im Wissen, dass man Ideen und
Geschichten nicht immer neu erfinden muss, sondern dass sie sehr oft „just
around the corner“ warten und nur neu gefunden werden müssen.
Photographie war und ist für mich seit jeher ein Mittel, mich gegen die ökonomischen Mechanismen der „realen Welt“ zur Wehr zu setzen, und aber auch, nachdem meine photographischen Arbeiten oft den globalen Traum des Konsums und dessen glücksprophezeiende Werbe-Botschaften in sich tragen, mit einer realen (?) Medienwelt zu spielen. Im Jahr 2001 habe ich in meinen damaligen photographischen Arbeiten angefangen, meine Faszination für die ProtagonistInnen des Alltags mit sinnentleerten und von uns wortlos akzeptierten Werbetexten zu kombinieren, um daraus neue (teils tragische, teils absurde) Geschichten zu formen. Seit damals hat mich
diese Art der Herangehensweise an Photographie nicht mehr ganz losgelassen.
In diesem Buch findet sich also so manches Beispiel, das 2 Elemente (zumeist
eine Person und einen Werbetext einer Plakatwand), die eigentlich nichts
miteinander zu tun haben, durch Finden des richtigen (zumeist zufälligen)
Moments in einen passenden Kontext setzt und somit einen neuen Subtext
kreiiert. Gerade in Zeiten der
„Web 2.0-Community-sierung“ stellt sich die Frage, inwiefern
der persönliche Blick noch einen Stellenwert oder eine „Berechtigung“
besitzt, flickr.com liefert beispielsweise mittlerweile mehr als 6 Millionen
(!) Bildergebnisse, wenn man „Paris“ (manche der hier vorliegenden
Photos sind in Paris entstanden) ins Suchfeld eingibt. Rational könnte
man wohl sagen, dass in Paris „bereits ALLES abgebildet“ und
publiziert wurde, für mich persönlich glaube ich jedoch, dass
1) der Alltag jeden Tag aufs neue einzigartige und so noch nie da gewesene
Geschichten liefert, dass 2) Städte und ihre ProtagonistInnen immer
wieder anders und neu kommunizieren, dass 3) ich meinen eigenen und persönlichen
Blick auf diese Welt habe, und dass 4), wie in diesem hier vorliegenden
Falle, die Erarbeitung eines kleinen Fotobandes und somit eines „realen/sensual-haptisch-materiellen“
Outputs immer noch einen gewissen Vorteil und Wert besitzt im Vgl. zu
einer anonymen und einheitskonformen Web2.0-Community-Repräsentation.
Deshalb dieses Buch. |